Im vierten Teil meiner Reihe zur „sexuellen Persönlichkeitsentwicklung“ will ich heute darüber sprechen, wie Ängste zu Gewohnheiten zu Identität werden und wie du diese veränderst.
Das ist wichtig, denn in Workshop Containern wie unserem Retreat hast du eine einzigartige Chance: du kannst eine andere Identität erleben. Und damit kannst du dich neu entscheiden, was davon du in deine Gewohnheiten und deinen Alltag integrieren willst.
Das Thema hinter dem Thema ist deine Sozialisation, denn sie ist es, die macht, dass deine Identität das ist, was du als Gewohnheit wiederholst.
Ich meine damit deine Eltern, ihre Gebote und Verbote, dein frühes Umfeld, dein Land, deine Gesellschaft, deine Kultur, der soziale Status, der aus deiner Erziehung resultiert, und vieles mehr.
Du kommst als Menschenskind nicht umher, dass deine Welt in den ersten Jahren deines Lebens der Fremdbestimmung dieser und vieler weiterer Einflüsse unterliegt. So gut es deine Umgebung auch meint, aus ihrer eigenen Weltsicht inklusive aller Limitierungen schöpfend, kann sie dir nur vermitteln, was sie selbst nicht genau weiß.
Stell dir nur vor, was die vergangenen Jahrhunderte Aufklärung, Kirchen Wissenschaft und aufkommende Psychologie um das Thema Sexualität und Selbstausdruck für schräge Glaubenssätze produziert hat, nach denen alle lehren und leben. Dass es vieles zu verlernen und neu zu lernen gibt, ist logische Konsequenz.
Wir glauben, was vorher für uns geglaubt wurde und aller Prozess, wenn wir denn im späteren Leben an unserer Persönlichkeit arbeiten, bemüht sich dann darum, diese limitierenden Schichten unserer Identität abzutragen.
Welche Identität wiederholst du?
Wiederholung macht, dass alles, was wir erleben, in seiner Kontur greifbar wird. Eine schlechte Gewohnheit wird nur deshalb zum Problem, weil sie wiederholt wird. Eine Sucht wird dadurch zur Sucht, wenn die Droge nach dem letzten Mal ein erneutes Mal konsumiert wird. Ohne neues Handeln wiederholen wir die Identität, die wir über uns akzeptiert haben.
Alle diese Dinge finden in einem Kontinuum statt. Weil sie gerade eben passiert sind, passieren sie jetzt und werden gleich wieder passieren.
Es wäre überraschend leicht, alle möglichen Lebenssituationen einfach zu verändern, hätten wir die geistige Freiheit, in jedem Moment neu entscheiden zu können, wer wir sind.
Stelle dir vor, du würdest jeden Tag an einem anderen Ort, in einem anderen Kontext aufwachen. Jeden morgen würdest du diese Überraschung erleben, das Kribbeln, „wer ich wohl heute bin…?“.
Wenn das eine Tatsache des Lebens wäre, würde dein Gehirn das als aufregend erleben. Es wäre die Neugierde, was wohl heute alles so passiert. Nur durch die Angst der Sozialisation, beispielsweise Status, Geld oder das gewohnte Umfeld zu verlieren, macht, dass wir einen objektiven Blick auf uns verlieren.
Dass das deine Identität mit einbezieht, könnte dabei das sein, was dich von einer neuen Entwicklung in deinem Leben abhält. Denn wenn du aktuell Wachstumsschmerzen hast und eigentlich etwas verändern willst, aber mit dem Gewissen, dass morgen alles so bleibt ins Bett gehst, trägst du unbewusst dazu bei, dass Situationen in den gewohnten Mustern bleiben.
Ich persönlich habe schon öfter solche Erfahrungen gemacht. In beruflichen Situationen, im Wechseln meiner Wohnung, durch neue Ideen und Aktionen.
Obwohl sich äußerlich schon vieles verändert hatte, gab es immer einiges, das mich in der alten Identität gefangen halten wollte. Nicht nur mein schwerfälliger Wille zur Veränderung, sondern auch die Vermeidung der Veränderung der Umgebung und anderer Menschen hat es meiner neuen Identität erschwert, sich zu entfalten.
So saß ich da, mit einem neuen Leben um mich und dem alten Ich in mir. Alles war dafür ausgelegt, dass alles so bleibt, wie es war und ist.
Muskeln und Sehnen
Meine Einsicht aus diesen Veränderungen, ist diese: ein Muskel wächst schneller als die Sehne, die ihn hält.
Das weiß man aus der Sportwissenschaft, wenn im Training die Sehnen schmerzen, weil der Muskel zu schnell gewachsen ist. Sie brauchen andere Zeitstrecken, um sich mit der neuen Belastung zu entwickeln.
Wir brauchen deshalb beides, wenn wir uns verändern wollen: Die Disziplin im Muskeltraining und die Geduld, dass Wachstum seine Zeit braucht. Diese Einsicht hilft mir, mehr Geduld zu haben und einen gesunden Fatalismus zu leben, wenn mir die Dinge nicht schnell genug gehen.
Wenn dir einmal bewusst ist, dass du dich im Kontext eines Lebensbereiches verändern willst, bist du der Muskel und deine Gewohnheit die Sehne.
Genau deshalb sind bewusste Rahmen der Veränderung so wichtig: damit der Muskel Platz hat, zu wachsen. Ein Workshop im sexuellen Kontext ermöglicht es dir, eine neue Realität im Bereiche Liebe, Intimität und Sex für dich zu testen, umgeben von Menschen, die dich nicht in einer alten sozialisierten Rolle – durch Beäugen, Bewerten, Druck oder Widerstand – festhalten wollen.
Die Situation mit neuem Rahmen, neuen Menschen, neuen Routinen macht, dass Gewohnheiten wesentlich schneller hinterfragt werden und Einsichten wesentlich einfacher landen können. Der Rest ist dann nur die Übertragung in deinen Alltag.
Neue Intuition für deine Identität
Wenn wir gefühlt in einem alten Alltag feststecken oder neues Wachstum haben wollen, brauchen wir neue Möglichkeiten. Nur, wenn du für das Erreichen deiner Ziele keine Optionen hast, ist die gewohnte Option alles, was du wählen kannst.
Menschen würden das gewohnte Unglück nur deshalb der unsicheren Zukunft vorziehen, weil sie den Unterschied zwischen Angst und Intuition verlernt haben. Denn Angst macht, dass wir keine Optionen sehen, wohingegen Intuition immer den nächsten Schritt kennt.
Was wäre, wenn deine Intuition auf das Leben hinweisen würde, das eigentlich auf dich wartet? Es würde bedeuten, dass du wieder mehr Intuition über Gewohnheit lernen müsstest, indem du ihr lauschen lernst. Das passiert selten in festen Umgebungen, denn sie halten das Alte am Platz.
Auch deshalb ist der Rahmen eines Workshop-Containers so erfolgreich: der Rahmen bestärkt deine Suche nach der Intuition. Du machst dich auf für neue Erkenntnisse, die darauf warten, von dir hereingelassen zu werden. Deine Intuition ist dann einfach das, was du passieren lässt. Diene Identität wäre dann das, was sich natürlich aus dir heraus wiederholt.
Was wäre, wenn Intuition bei deinen intimen Begegnungen deine Bedürfnisse, Wünsche und Lust lenken würde?
Stelle dir vor, du würdest jeden Tag an einem neuen Ort, in einem neuen Kontext aufwachen. Jeden morgen würdest du diese Überraschung erleben, das Kribbeln, „wer ich wohl heute bin…?“. Stell dir vor, du würdest dazu ermutigt, über deine gewohnten Denkweisen hinaus deiner Intuition zu lauschen und dadurch immer ein Stück weit mehr erfahren, was in dir zum Ausdruck kommen will?
Du könntest deine Sozialisation hinter dir lassen und einen viel breiteren Horizont der Möglichkeiten wahrnehmen. Du könntest erleben, was du dir vorher nicht einmal vorstellen konntest. Durch das Erleben würdest du lernen, dass das, was dir deine Intuition vermittelt, tatsächlich gut und willkommen ist. Alte Ängste und Muster, die dich klein halten, würden überflüssig.
Du könntest selbstbewusst das viel zu klein gewordene Schneckenhaus verlassen und dich im größeren Kontext freier erleben. Und dadurch kannst du die alte Identität des Wollensollens deiner Sozialisation gegen dein authentisches Sein tauschen.